Der Tierschutz-Shop und das kalte Geschäft mit Tieren in Not

von Bärbel
Steunerkatze Toskana

[Update September 2022: Der Tierschutz-Shop ist mittlerweile offline] Der Tierschutz-Shop verfolgt ein ausgesprochen cleveres Geschäftsmodell: Von seinen Spenden profitieren zwar Tierheime und Tierschutzorganisationen, noch mehr aber nützen sie dem Shop selbst. Wer draufzahlt, sind Kunden und Spender.

Vor ungefähr zwei Wochen schickte mir der Tierschutz-Shop mit Sitz in Krefeld einen Karton mit Werbematerial und ein paar Futterproben. Damit verbunden war die Bitte, auf meinem Blog für die Spendenaktion „Hilf spanischen Streunern“ aufmerksam zu machen. Ziel der Aktion sei es, heißt es in der beiliegenden Erklärung, einen LKW mit Futter- und Sachspenden zu füllen und an drei Tierschutzvereine in Spanien zu schicken.

„Futter kaufen, Gutes tun“

Shops für Tierfutter und Heimtierbedarf gibt es viele, doch der 2014 gegründete Tierschutz-Shop trägt den Tierschutz im Namen und wirbt mit dem Claim „Futter kaufen, Gutes tun“. Dahinter steckt ein einfaches Prinzip: Von jedem Euro Netto-Umsatz, den der Shop mit Bestellungen seiner Kunden macht, spendet er zehn Prozent an Tierschutzvereine. Das klingt edel. Aber der Shop will noch mehr. Auf der Website heißt es:

Tierschutz-Shop startet regelmäßig große Spenden-Aktionen für Tiere in Not. Über 600 Tierheime aus ganz Europa haben sich online Wunschlisten angelegt, aus denen Sie schnell und einfach Futter spenden können. Die Spenden werden von Tierschutz-Shop zu den Tieren gebracht und Sie können transparent nachverfolgen, dass diese Hilfe garantiert ankommt.

Wer im Tierschutz-Shop bestellt, kann Futter, Spielzeug oder Zubehör aus einer Wunschliste in den Warenkorb legen und bezahlen. Die Ware wird dann direkt an das Tierheim geliefert.

Doch was auf den ersten Blick wirkt wie eine durch und durch wohltätige Veranstaltung, fördert in Wirklichkeit vor allem eins: Den Umsatz des Tierschutz-Shops. Warum das so ist, zeigen drei Beispiele:

Teure Katzenmilch für die Tierhilfe Anubis

Eine der drei Tierschutz-Organisationen, die durch die aktuelle Aktion „Hilf spanischen Streunern“ unterstützt werden sollen, ist die Tierhilfe Anubis e.V. in Wilhelmsfeld bei Mannheim. Sie pflegt eine Partnerschaft mit einem Tierheim im spanischen Orihuela, das – so heißt es zumindest auf der Website – dringend auf Spenden angewiesen ist. Die Tierhilfe Anubis unterhält im Tierschutz-Shop eine Wunschliste für Futterspenden.

Mit den eindringlichen Worten „Arme Babys ohne Mutter brauchen DRINGEND die Milch. BITTE SPENDEN!!!“ werden die Besucher der Website um den Kauf von Katzenmilch der Marke Canina Pharma für die spanischen Kitten gebeten. Es geht also im Kern um eine Futterspende, 50 Dosen wurden nach Angaben des Shops bereits gespendet. 150 Gramm des Milchpulvers kosten im Tierschutz-Shop 8,50 Euro (alle Preise Stand 15. und 16. Juli 2016).

Screenshot Canina Pharma Katzenmilch Tierschutz-Shop

Canina Pharma Katzenmilch im Tierschutz-Shop, Screenshot vom 15. Juli 2016

Auf dem Preisvergleichsportal Idealo findet man jede Menge günstigere Angebote: Bei Shop- Apotheke.com ist die Katzenmilch zum Beispiel schon für 6,89 Euro zu haben.

Screenshot Canina Pharma Katzenmilch, Shop-Apotheke

Canina Pharma Katzenmilch in der Shop-Apotheke, Screenshot vom 15. Juli 2016

Kunden, die beim Tierschutz-Shop Milchpulver für das spanische Tierheim bestellen, bezahlen also über 1,61 Euro mehr als bei der Apotheke. Das sind weit über 20 Prozent. Wohlgemerkt: Die Babymilch wird nicht vom Tierschutz-Shop bezahlt, sondern von den Spendern. Und die zahlen erst einmal drauf. Auch für das spanische Tierheim ist das schade, denn das könnte fürs selbe Geld mehr Milch für seine Kätzchen bekommen.

Wer von der Spendenaktion am meisten profitiert, ist der Tierschutz-Shop.

Teure Katzbäume für das Tierheim München

Auch das Tierheim München ist beim Tierschutz-Shop mit einer Wunschliste vertreten. Unter anderem wünscht sich das Heim für seine Katzen Kratzbäume der Marke Trixie – genauer gesagt, das 69 Zentimeter hohe Modell Espejo. Ein solcher Kratzbaum kostet beim Tierschutz-Shop aktuell 22,99 Euro. Zooroyal bietet den gleichen Kratzbaum zum reduzierten Preis von 16,90 Euro an. Bei Tiierisch.de kostet das Katzenmöbel sogar nur 15,99 Euro.

Auch hier zahlen die Spender also deutlich mehr, wenn sie das Produkt im Tierschutz-Shop kaufen. Warum macht der Tierschutz-Shop dem Tierheim München keinen besseren Preis? Und wer diesen Kratzbaum für seine eigene Katze kauft, macht auch nicht gerade ein Schnäppchen.

Bei allen Produkten, die ich mir angesehen habe, liegt der Tierschutz-Shop deutlich über den Marktpreisen. Das ist nicht verboten, aber es ist auch nicht fair den Spendern gegenüber. Die bestellen im Glauben an eine gute Sache und machen ein schlechtes Geschäft dabei.

Dreist: Das Geschäft mit dem Katzen-Notfall-Nassfutter

Der Tierschutz-Shop bietet den Besuchern der Website auch ein sogenanntes „Katzen Notfall Nassfutter“ zum Kauf an. Das Futter ist laut Website „ein Markenprodukt aus dem Tierschutz-Shop“ und ausschließlich für die Wunschlisten von Vereinen bestimmt. Für den Eigenbedarf kann der Kunde es also nicht bestellen. Zwei Kilo dieses Futters kosten 7,99 Euro. Das entspricht einem Kilopreis von knapp vier Euro.

Screesnhot Notfall-Futter Tierschutz-Shop

„Notfall-Futter“ für Katzen im Tierschutz-Shop, Screenshot vom 17. Juli 2016

Wer genau dieses „Notfall-Futter“ herstellt, verschweigt der Tierschutz-Shop, bei den Inhaltsstoffen gibt es dagegen keine Geheimniskrämerei. Das Vereins-Futter enthält „Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse, Fisch und Fischnebenerzeugnisse (davon mind. 75% Seefisch), Reis, 2% Biomöhren , 1% Lachsöl, Mineralstoffe, Inulin 0,1%“

Eine schnelle Recherche im Internet ergibt, dass es sich höchstwahrscheinlich um den „Schlemmertopf Seefisch“ der Marke „Landfleisch“ handelt, denn der hat exakt die gleiche Kombination aus Inhaltsstoffen. Den Schlemmertopf Seefisch gibt es bei Futterplatz.de zu einem Kilopreis von 2,81 Euro. Oder bei Rinderohr.de für 2,87 Euro pro Kilo.

Auch der Tierschutz-Shop selbst hat den „Schlemmertopf Seefisch“ im Sortiment. 12 400-Gramm-Dosen kosten 13,80 Euro. Das entspricht einem Kilopreis von 2,90 Euro. Landfleisch, so heißt es auf der Tierschutzshop-Webseite wolle die oben erwähnte Spanien-Aktion mit einem Zuschuss von 1.800 Euro unterstützen, falls der LKW bis zum 15. Juli voll wird.

Screenshot Schlemmertopf Seefisch, Tierschutz-Shop

„Schlemmertopf Seefisch“ von Landfleisch im Tierschutz-Shop, Screenshot vom 17. Juli 2016

Ein Futter, zwei Preise

Das Problem ist der Preis:  Für das ungebrandete Notfall-Futter, das man ausschließlich spenden kann, berechnet der Tierschutzshop  knapp 4 Euro, für das Markenfutter mit identischer Deklaration nur 2,90 Euro pro Kilo. Der Tierschutz-Shop verkauft also das gleiche Nassfutter zu zwei verschiedenen Preisen: Einmal für Normalkunden zu einem einigermaßen marktüblichen Preis und einmal für Tierheime zu einem deutlich überhöhten Preis.

Die Spendenwilligkeit der Shop-Kunden wird hier schamlos ausgenutzt. Der Tierschutz-Shop verdient knapp 38 Prozent mehr an einem Futter, das Katzen vor dem Verhungern retten soll. Zumindest sind das die Assoziationen, die ich beim Begriff „Katzen Notfall Nassfutter“ habe.

Ein cleveres Geschäftsmodell

Angesichts harter Konkurrenz im Internet ist jeder Tierfutter-Shop im Netz gut beraten, sich eine eigene Nische zu suchen. Das ist dem Tierschutz-Shop gelungen. Ein Shop, der sich für Tiere in Not einsetzt, wirkt erst einmal sehr sympathisch.

Zum sympathischen Image tragen auch die vielen Bilder von Hunden und Katzen bei, die den Shop-Besucher aus großen runden Augen ansehen. Da hilft man doch gern und übersieht, dass sich der Tierschutz-Shop sein Engagement teuer bezahlen lässt. Auch wenn er zehn Prozent vom Netto-Umsatz an Tierheime überweist – die holt er zuvor vom Kunden durch überhöhte Preise wieder rein.

Durch Spendensammelaktionen wie zum Beispiel „Hilf den spanischen Streunern“ wird der Umsatz des Shops noch einmal richtig angekurbelt: Spender füllen einen LKW mit Produkten, die sie dem Tierschutz-Shop abkaufen – Produkte, die zum Teil sogar teuerer sind als wenn die Kunden sie für den Eigenbedarf bestellt hätten. Wenn der LKW voll ist, wird noch eine Spende obendrauf gelegt. Die kommt aber nicht vom Tierschutz-Shop, sondern von Landfleisch. Dem Hersteller des Futters mit den zwei Preisen.

Verwaltungsaufwand? Nicht wirklich.

Der Verwaltungsaufwand für die Verteilung der teuer bezahlten Spenden hält sich für den Händler in Grenzen: Ware und Logistik sind vorhanden und die Lieferanschriften der Tierheime lassen sich genauso in das Shopsystem einpflegen wie andere Kundenadressen auch. Die Spender legen die Sach- und Futterspenden einfach in den Warenkorb, wie andere Bestellungen auch. Einen LKW mit Ware irgendwo hin zu schicken, gehört für einen Onlineshop zum Tagesgeschäft.

Insgesamt verfolgt der Tierschutzshop ein ausgesprochen cleveres Geschäftsmodell. Ein kommerzieller Shop, der so tut, als sei er ein Tierschutzverein. Ich muss sagen, die Idee, den Umsatz durch Spendensammel-Aktionen anzukurbeln ist genial. Ob sie auch moralisch ist, steht auf einem anderen Blatt.

Mein Fazit: Lieber direkt spenden

Viele Onlineshops für Heimtierbedarf sind günstiger als der Tierschutz-Shop. Ich würde euch raten, dort einzukaufen und das gesparte Geld direkt an ein Tierheim eurer Wahl zu überweisen. Vorteil: Falls es sich um einen gemeinnützigen Verein handelt, könnt ihr eine Spendenquittung bekommen und das Geld von der Steuer absetzen.

Wenn euch das zu aufwendig ist und ihr keine Spendenquittung benötigt, dann seht euch mal in anderen Shops nach Möglichkeiten um, Tieren in Not zu helfen. So mancher Shop überweist einen Anteil seines Umsatzes an Tierschutzorganisationen oder führt Wunschlisten. In vielen Zoohandlungen steht auch eine Kiste, in der Sachspenden gesammelt und regelmäßig zu einem Tierheim gefahren werden.

Weitere Artikel zum Tierschutz-Shop

Tierschutz-Shop: Stellungnahme der Chefin
Warten auf bezahlte Spenden: Vereine kritisieren den Tierschutz-Shop

Themenseite Tierschutz

Weitere Artikel rund um das Thema „Katzen im Tierschutz“ findet ihr auf der Themenseite Tierschutz.

Bild: © Lieblingskatze

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88 Kommentare

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Anja 19. Juli 2016 - 16:50

Vielen Dank für diesen der Realität entsprechenden Artikel!

Natürlich ist das eine tolle Sache, wenn denn die angegebene Auszahlungssumme den Tatsachen entspricht und man muss sich fragen, ob das auch ohne den TSS erreicht worden wäre… ABER: Von den völlig überhöhten Preisen abgesehen geht es auch um die entsprechenden Spendenquittungen, die zusätzlich dem Shop zugute kommen. Clevere Geschäftsideen sind ja grundsätzlich natürlich legitim, aber unter Vorspiegelung, dass es sich um reine Wohltätigkeit handelt auf dem Rücken von Tierleid und Spendern nicht nur moralisch betrachtet fragwürdig.

Und: Die Frage ist, ob ein Unternehmen, was derart vorgeht, wirklich so „transparent“ wie angegeben ist. Falls sich herausstellen sollte, dass dem nicht so ist, dann würde die Spendenbereitschaft der Menschen noch weiter zurückgehen…

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Nadine 19. Juli 2016 - 12:59

Danke für den Bericht. Mir war das schon lange klar, da muss man nicht mal gross nachrechnen. Ein paar rührselige Bilder posten und schon geht die Geldbörse auf.
Zu diesen überteuerten Preisen kommt ja noch folgendes: Man kann auch Futter in diesen Ländern beziehen, zu einem Bruchteil dieser Beträge. Davon könnten sehr viel mehr Tiere und sehr viel länger profitieren.
Ausserdem käme es auch noch dem Umweltschutz zugute!
Ich wünschte mir, Spender und Unterstützer würden mehr die Augen auf machen, wohin sie ihr Geld tragen, das läge eigentlich auch in deren Verantwortung.
Denn leider gibt es auch in Punkto Hundehandel, was oft unter dem Deckmantel Tierschutz verkauft wird, immer mehr zu berichten. Es wird alles nur noch schlimmer und nicht besser. Weil das Geschäft brummt. Darum – macht bitte die Augen auf!

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Ina 18. Juli 2016 - 17:01

Danke für den Artikel. Dieser Shop ist zwar bis jetzt völlig an mir vorbei gegangen, aber wenn ich das so lese dann kaufe ich lieber im heimischen Fress….. ein paar Dosen und werf sie ihn die Spendenbox. Die kommt direkt der Münchner Tiertafel zugute.

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Marlene 18. Juli 2016 - 16:38

Hmmm, ich kannte den Shop durch eine Weihnachtsaktion oder so, auf welche aufmerksam gemacht wurde, jedoch fand ich die Spendenirgendwie teuer, wie auch sonst den Shop. Da ich für mich da nichts bestellen würde, habe ich den Shop nicht weiter beachtet.

Bin jedoch nun erschrocken, wie da nun drauf gerechnet wird bzw. die Preise im Shop voneinander abweichen :/ . Das ist den Spendern nicht fair gegenüber. 🙁

Zwar muss man berücksichtigen, dass anderen Shops bessere Einkaufspreise erzielen (aufgrund der Abnahmemenge), ein Preisunterschied z.B. knapp 40% (hatte da einen Fleecetunnel verglichen) ist für einen Spender schon heftig, denn dafür könnte der Spender noch anderweitig etwas kaufen und ‚Gutes‘ tun.

Vermutlich kann der Shop die gekauften Futterspenden auch noch anders absetzen (reine Vermutung meinerseits) oder stellt der Shop Quittungen für Futter-/Sachspenden aus?

Dann doch lieber direkt spenden.
Wenn man Tierheime etc. anspricht teilen die einem ja auch mit, ob und was benötigt wird oder diese lieber ein paar Taler für die ärztl. Versorgung benötigen.

Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, so käme man selber gar nicht drauf es zu vergleichen.

LG
Marlene

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Marlene 20. Juli 2016 - 10:56

Ergänzung:
Ich habe mir inzwischen die Stellungsnahme der Shopbetreiberin einmal durchgelesen.

Man wirbt in dem Shop man sei transparent.
Wäre es dann nicht besser direkt zu schreiben, dass das Futter individuell zusammengestellt wird. Es Abweichungen in der Zusammenstellung geben kann (aufgrund Verfügbarkeit/Lagerbestand etc) und deshalb nur eine grobe Inhaltsangabe gemacht werden kann. Zudem das in jedem Futterpaket xx% (z.B.) ein kleiner anteiliger Betrag für die anfallenden Transportkosten berechnet werden. So wäre es doch transparenter 😉

Bei den Futter’spenden‘ vermisse ich zudem den Punkt, ob es für den inländischen oder ausländischen Tierschutz einsetzt werden soll. Kann hier jedoch nicht beurteilen, ob dies vielleicht während des Bestellvorgangs ausgewählt werden kann. Vielleicht ist es auch ein Modell, dass alle gerecht etwas vom Kuchen abhaben sollen.

LG
Marlene

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- blog.katzen-fieber.de 18. Juli 2016 - 15:41

[…] Der Tierschutz-Shop und das kalte Geschäft mit Tieren in Not […]

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Andrea 18. Juli 2016 - 15:34

Ich danke dir für deine Recherche. Leider wurde damit meine Vermutung und Befürchtung wahr – Tierschutz das Deckmäntelchen für viel Geld …. zu verdienen…… traurig.

Aber schön, dass du dir diese Mühe gemacht hast, danke dir noch mals dafür.

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